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„Schwarzfall“ in Brokeloh

Feuerwehr probt den Ausfall der kritischen Infrastruktur

Brokeloh, 05.10.2018
„Strom kommt aus der Steckdose und Wasser kommt aus dem Hahn.“ – ein Satz aus manchem Kindermund, der die Selbstverständlichkeit verbildlicht, mit der die Zivilgesellschaften der westlichen Welt in ihrer Infrastruktur leben. Was passiert jedoch, wenn die Systeme ausfallen, die zur wesentlichen Erhaltung unserer gesellschaftlichen Funktionen beitragen?

Am Beispiel der Schneekatastrophe von 2005 im Münsterland, die einzelne Ortschaften für mehrere Tage vom Stromnetz trennte, befassten sich die beiden Brokeloher Wolfgang Flamme und Udo Friedmann intensiv mit dieser Thematik. Sie nahmen dieses Thema zum Anlass, um eine Alarmübung für ihre Ortsfeuerwehr zu konzipieren, die alle Einsatzkräfte mit völlig neuen Herausforderungen konfrontierte.

Freitagabend, 19:31 Uhr – die digitalen Meldeempfänger der Ortsfeuerwehr Brokeloh lösten aus, vermeldet war die Weisung, aufgrund eines Stromausfalls im Ortsbereich das Feuerwehrgerätehaus zu besetzen. Die Sirene blieb, wie im Falle eines realen Stromausfalles, an diesem Abend stumm. Bereits auf der Anfahrt zum Feuerwehrgerätehaus fiel den Kameraden der Ausfall der Straßenbeleuchtung im Bereich der Hauptstraße und des Brokeloher Barkhofes auf. Auch die Stromversorgung des Feuerwehrgerätehauses hatten die Übungsinitiatoren im Vorfeld unterbunden, um die Kameraden mit ihren Gerätschaften komplett auf sich allein gestellt arbeiten zu lassen.

Niemand der anrückenden Einsatzkräfte ahnte zunächst, dass es sich um eine Alarmübung handelte. Besonnen begannen die Feuerwehrleute zunächst, sich in einem provisorisch mit Handscheinwerfern beleuchteten Nebenraum zu sammeln und weitere Informationen der Rettungsleitstelle abzuwarten. Die Übungsleitung ließ schnell ein konkreteres Bild zur Lage verlauten: Aufgrund eines großflächigen Ausfalls waren weite Teile des Ortsbereiches sowie die öffentliche Straßenbeleuchtung vom Stromnetz getrennt. Das Feuerwehrgerätehaus sollte zur Anlaufstelle für die Bevölkerung hergerichtet werden. Die benachbarten Stützpunktfeuerwehren und alle Kreiseinheiten waren der Übungslage zufolge aufgrund der ausgedehnten Lage im Landkreis Nienburg nicht zur Unterstützung in Brokeloh abkömmlich. Nach ersten Überlegungen der Einsatzkräfte, die Bevölkerung zu informieren und den Standort für die Bürger als zentrale Versorgungseinrichtung aufrecht zu erhalten, begann die Einsatzleiterin Katrin Wehrse damit, ihre Feuerwehrkameraden in verschiedene Trupps einzuteilen.

Der Fahrzeuglichtmast und die Umfeldbeleuchtung des Einsatzfahrzeuges wurden kurzerhand zum Ausleuchten des Vorplatzes und der Fahrzeughalle eingesetzt. Die ersten Kameraden begannen dann, in der Fahrzeughalle mit Bierzeltgarnituren erste Sitzgelegenheiten für hilfesuchende Bürger herzurichten. Weitere Kameraden machten sich daran, Wasservorräte zu schaffen, da die Übungsleitung einen Ausfall der Pumpenwerke innerhalb der nächsten halben Stunde verlauten ließ. Doch plötzlich überschlugen sich die Ereignisse – die Übungsleitstelle rief die Brokeloher Einsatzkräfte zu einem medizinischen Notfall in einer Nachbarwohnung, dort war ein Mieter aufgrund der Dunkelheit gestürzt und hatte sich schwere Verletzungen zugezogen – doch aufgrund der ausgedehnten Einsatzlage war der Rettungsdienst zunächst nicht verfügbar. Sofort machte sich ein Trupp zur medizinischen Versorgung des Bewohners auf, der schließlich über einen engen Treppenraum aus seiner Zwangslage gerettet und an den Rettungsdienst übergeben werden sollte. Unterdessen gingen weitere Hilfeersuchen bei den Einsatzkräften ein, selbst das Zubereiten warmer Babynahrung mussten die Kameraden ohne die Zuhilfenahme von Strom im Hauptgebäude bewerkstelligen.

Nach etwa zwei Stunden erlösten die Übungsinitiatoren ihre Feuerwehrkameraden schließlich von ihrer Aufgabe und schalteten den Strom rund um das Feuerwehrgerätehaus wieder ein. Die Übung war gelungen, um die Kameraden auf die verschiedensten Probleme im „Schwarzfall“ – einem Zusammenbruch des Stromnetzes – zu sensibilisieren.

Große Freude herrschte dann bei den Einsatzkräften, als sie im Nachgang der Übung ein neues Notstromaggregat in Dienst stellen durften. Ein baugleiches Gerät wurde kürzlich auch an die Ortsfeuerwehr Bolsehle übergeben, wusste Zeugwart Wolfgang Flamme zu berichten.

Beim gemeinsamen Abendessen ließen die Kameraden den Ausbildungsabend ausklingen – auch dabei blieb die Diskussion rund um den Ausfall der öffentlichen Infrastruktur weiter ein großes Thema.

(Text & Fotos: Nils Raake, Gemeindefeuerwehrpressewart der SG Mittelweserr) 

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